So, hier ist, wie versprochen, die Fortsetzung.
Ich lag ein paar Tage nur traurig herum. Ich wollte weder essen noch trinken, aber ich tat es natürlich trotzdem, denn ich wollte nicht zum Tierarzt. Crayo und ich waren nur einmal dort gewesen, und die Erinnerungen an diesen Besuch waren sehr schmerzhaft. Wir waren geimpft worden, und Crayo hatte den Tierarzt gebissen. Ach, Crayo...meine arme kleine Crayo. Sie hatte doch ohne mich immer Angst gehabt, sie wollte nicht einmal alleine pinkeln. Und jetzt, ganz alleine, bei diesen Menschen...
Ich maunzte unglücklich. Da kam ein älterer Kater auf mich zu, ich erinnerte mich, dass er Lamlight hieß, aber alle nannten ihn nur Lämmi. Er stupste mich mit der Pfote an. "He, Kleiner. Mach dir keine Sorgen wegen deiner Schwester. Sie hat es jetzt sicher gut, da, wo sie ist. Bei den Menschen, die hierherkommen und uns holen, hat man es meistens besser, wie hier. Glaub mir."
Ich schniefte. "Aber ich vermisse sie so sehr. Und sie hat doch sicher Angst ohne mich! Und wenn ihr nun etwas passiert?" Lämmi legte den Kopf schief. "Nun, wenn du hier rauskommst hast du es einfach, sie zu finden. Die Menschen sind nicht überall so wachsam wie hier, und die Türen sind nicht überall verschlossen."
Ich sah ihn an. "Und wie komme ich hier raus?"
Lämmi gähnte und tapste davon. "Indem dich Menschen mitnehmen."
Ab dann tat ich alles mir Mögliche, um auf die Besucher niedlich zu wirken. Ich spielte mit Bällen, aß die Marshmallows, die sie mir hinwarfen und sabberte sogar auf ihre Schuhe.
Viele Menschen gingen wieder - ohne mich. Aber dann kam ein Mädchen, es war noch recht jung, und es fand mich sofort supersüß. Ich miaute ein paar Mal und rollte den Ball zu ihr, und sie quietschte und spielte mit mir. Ich muss zugeben, das hatte richtig Spaß gemacht. Es hab viel Gerede, und am Ende wurde ich in einen Korb gesetzt und die Mutter des Mädchens nahm den Korb und somit auch mich mit nach draußen. Ich war ganz aufgeregt! Endlich, endlich kam ich nach draußen!
Sie fuhren mit mir ein Stück, und dann hielten wir vor einer gigantischen Villa. Das riesige Grundstück war eingezäunt, aber es war ein sehr großer Garten dabei. Ich freute mich. Vielleicht würde ich ja endlich einmal draußen spielen dürfen?
In der Villa wurde ich freigelassen. Das Mädchen wollte mich gleich mitnehmen, aber die Mutter zeigte mir erst, unnötigerweise, das Katzenklo. Ich spielte mit. Ich kannte es zwar schon, aber ich wollte ja weiterhin den Eindruck eines niedlichen, kleinen Kätzchens vermitteln.
Kaum war die Mutter aufgestanden, nahm mich das Mädchen auf den Arm. Sie kicherte und sagte: "Hallo du! Sie haben gesagt du heißt Silverstream, wegen deinem Fell! Ich finde das ich ein schöner Name. Ich heiße Melissa! Komm, ich zeige dir die Wohnung!"
Und sie zeigte mir die Wohnung. Ich tapste hinterher und war fasziniert. Ich fühlte mich hier sehr wohl.
Dann kamen wir in Melissas Zimmer. Es war riesig! Überall lagen Spielsachen herum! Sie schloss die Tür und nahm mich so auf den Arm, dass ich nicht weglaufen konnte.
"Sieh mal" sagte sie. "Wir haben dir ein rotes Halsband gekauft."
Sie zog mir das rote Halsband an und ich schnappte erst einmal nach Luft. Ich hatte noch nie ein Halsband getragen, aber nach einer kurzen Schrecksekunde gewöhnte ich mich daran.
Dann ging es aber los. Ich wusste gar nicht wie mir geschah! Melissa öffnete eine Schublade und zog mir die verschiedensten Klamotten an. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie sich für ein schwarzes T-Shirt und eine gelbe Hose entschieden hatte. Es war fürchterlich. Katzen sind doch nicht für Klamotten gemacht!!!
Melissa klatschte erfreut in die Hände. Dann rief ihre Mutter: "Melissa, Schatz, kommst du?" Melissa lachte und streichelte mich. "Ja, Mama!" Zu mir sagte sie leise: "Ich muss jetzt mit Mama neue Kleider kaufen gehen. Wenn du willst kannst du dich hier ja ein bisschen umsehen! Homey, Sumsi und Naomi werden dich sicher auch gerne kennenlernen! Bis dann!" Sie rannte aus dem Zimmer und ließ die Tür offen. Ich wartete, bis ich das Auto wegfahren hörte, und inspizierte dann erst einmal das Zimmer.
Da war ein wunderschöner, nagelneuer gelber Ball mit einem roten Stern. So einen hatten wir auch im Tierheim gehabt, nur nicht ganz so neu.
Vor dem roten Auto, das von alleine losfuhr, sobald man es anstupste, hatte ich ein klein wenig Angst.
Dann tapste ich ein wenig durch die Wohnung und fand die Küche. Auch die war riesig. Auf dem Boden standen vier Futternäpfe. Ich näherte mich einem blauen und begann zu fressen. ich hatte wirklich furchtbaren Hunger.
Dann hörte ich ein leises Lachen.
Ich sprang zurück und erschrak furchtbar! Ein weißes etwas mit grellroten Augen stand an der Tür und amüsierte sich über mich! Ich fauchte und verkroch mich schleunigst unter den Tisch.
Das weiße etwas verzog verärgert das Gesicht. "Nun gut, wenn du mich nicht kennenlernen willst - selber Schuld!"
Es ging aus der Küche und verschwand um die Ecke. Ich schaute dem Etwas interessiert hinterher. Gefährlich schien es nicht zu sein. Ich rannte hinterher. "He, du! He, warte doch! ich bin Silverstream! Ich bin neu hier! Und wer - oder was - bist du?" Das weiße Etwas war wohl immer noch sauer, denn es lief mit grimmigem Gesichtsausdruck weiter. Ich beobachtete das Wesen fasziniert. Es hatte HAUT zwischen den Beinen!!
Ich lief weiter hinterher. "Halt, warte! Wer bist du?"
Das weiße Etwas hielt an und drehte sich um. Es wirkte schon freundlicher.
"Ich heiße Naomi, und ich bin ein Kurzkopfgleitbeutler. Ich habe Haut zwischen den Beinen, damit ich gut in der Luft hin und hersegeln kann. Und die roten Augen habe ich, weil ich ein Albino bin. Wären damit deine Fragen geklärt?"
Ich staunte. Diese Naomi konnte fliegen? "ja...danke!" sagte ich verwundert. Naomi stieß eine Tür auf.
"Melissa hat mir schon von dir erzählt, Silverstream. Komm, ich stelle dich den anderen vor."
Ich lief ihr hinterher und fragte mich neugierig, wer denn die anderen waren. Waren sie vielleicht auch Kurzkopfgleitbeutler? Waren sie Hunde? Waren sie Fische oder Reptilien? Oder waren sie sogar auch Katzen?
So, das wars für heute erstmal